Foto vom lieben Kollegen Del-Ink Photography :)
Schaut mal in seiner FaceBook-Galerie vorbei. (Homepage ist mir leider keine bekannt.)
RespawnLARPer
- Sonntag 9 April 2023 11:51
Das Auge des Hetzers
Wie so oft in letzter Zeit saß Wanja in der selben muffigen Bar und starrte in ihr Glas.
Der Alkohol vermochte es kaum ihre permanenten Schmerzen zu betäuben.
Einst war sie eine erfolgreiche Vollkontakt-Kampfsportlerin, bis ein Unfall ihrer Karriere ein abruptes Ende setzte. Ein Fallschirmsprung für eine Promotion-Aktion ging gehörig schief.
Seither verging kein Tag ohne Schmerzen und der Sehnsucht wieder in den Ring steigen zu können. Gerade jetzt, wo die Bloodsport-Kämpfe legalisiert worden waren.
Ihren Sponsoren war die dafür notwendige Operation jedoch zu teuer und die Erfolgschancen zu gering. Also wurde Wanja wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen...
Nun blieb ihr nichts, als ihr Selbstmitleid zu ertränken und auf dem verstaubten Monitor der Bar die Kämpfe ihrer früheren Kollegen zu verfolgen.
Je härter und blutiger die Kämpfe, umso besser!
Zu sehen, wie Andere ihr Gesicht vor Schmerz verzerrten, ließ sie ihre eigenen Schmerzen vergessen und etwas tief in ihr drin schien sich geradezu gehässig zu freuen. Auch der Alkohol wurde unwichtig. Sie konnte ihren Blick einfach nicht mehr abwenden von den fesselnden Bildern und wollte mehr davon!
Eine Idee und Kampfeswillen keimten in ihr auf. Sie wollte mehr solcher Bilder sehen. Sie selbst einfangen!
Also brachte sie in Erfahrung, wo sich der nächste Sender befand, um sich dort als Memoratorin für Sportreportagen zu bewerben.
Als sie zu schnell aufstand, um die Bar zu verlassen, schoß der Schmerz wieder durch ihren Rücken, doch diesmal lächelte sie nur und hieß ihn willkommen.
Daß man sie im Sender, ohne Ausbildung, geschweige denn Erfahrung als Memoratorin, erst mal belächelte und lediglich als Hilfskraft für einen der Memoratoren übernahm, beirrte sie nicht auf ihrem Weg. Immerhin hatte sie schon mal einen Fuß in der Tür. Sicherlich war es von Vorteil, daß sie viele der Bloodsportler kannte.
Trotz ihres angegriffenen Rückens schleppte sie das Equipment für den eingebildeten Vorgesetzten, der sie gerade mal das Stativ aufbauen ließ.
Schmerz ist Schwäche, die den Körper verlässt! Feuerte sie sich selbst jedesmal an, wenn ihr Rücken wieder Probleme machte. Doch es ärgerte sie von Tag zu Tag mehr, daß sie niemals das ersehnte “Auge des Imperators” auch nur anfassen durfte…
Wanja beobachtete genau die Rituale, die der Memorator mit dem Gerät vollzog, um spannende Bilder in der Arena einzufangen. Aber für ihren Geschmack war viel zu wenig von dem Schmerz der Anderen zu sehen. Sie musste das “Das Auge des Imperators” einfach besitzen und selbst die Bilder einfangen, denn sie spürte, daß der Maschinengeist nach ihr rief!
Was genau passierte war Wanja unwichtig. Wichtig war, daß sie “Das Auge” in den Händen hielt und ihr erstes Bild, war das schmerzverzerrte Gesicht des Memorators, der sich auf dem Boden in seinem eigenen Blut krümmte. Neben ihm das schwere Stativ, an dem Blut und Haare des Mannes klebte.
Wanja kostete jeden Moment seines Schmerzes aus und fing den Prozess mit dem "Auge des Hetzers" ein, bis alles Leben aus ihm gewichen war.
Liebevoll verstaute sie das magische Gerät sicher an ihrem Gürtel und beugte sich zu dem leblosen Mann hinunter. Ihre Finger strichen über sein im Tod noch immer schmerzverzerrtes Gesicht. Aus ihrer Tasche holte sie ein Cutter-Messer, mit dem sie normalerweise Kabelbinder löste. Nun löste sie das Gesicht des Mannes ab, um es als Andenken zu behalten.
Warum sie das tat, wusste sie selbst nicht. Es war als würde jemand ihre Hand leiten und sie ließ es zu. Es machte ihr nichts aus. Es erfüllte sie mit Zufriedenheit!
In der Arena brach das Chaos aus, als sich die Bloodsportler plötzlich gegen Zuschauer und Sicherheitspersonal wendete. Nicht nur Wanja war dem Ruf des Blutes gefolgt, wie es schien.
Noch mehr Gelegenheiten für Wanja sich vom Schmerz treiben zu lassen und das Chaos um sie herum mit ihrer ersten Trophäe festzuhalten.